Walter Georg Kämpf

Schüler. Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. Hingerichtet.

* 1920    † 1943

 

Lebenslauf

Walter Kämpf wurde am 12.9.1920 in Wien geboren. Er war Schüler der Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in Wien, von der er 1936 wegen „kommunistischer Betätigung“ ausgeschlossen wurde. Später konnte Kämpf wieder am Unterricht teilnehmen. Er beendete 1938/39 den 4. Jahrgang mit ausgezeichneten Noten. Er war führender Funktionär des kommunistischen Jugendverbandes.

Kriegsdienst

Im Herbst 1939 wurde er zum Kriegsdienst einberufen. Ab Juli 1941 agierte er als Sanitäter im Luftwaffenlazarett.

Gruppe “Soldatenrat”

Walter Kämpf betätigte sich als Mitglied der Widerstandsgruppe “Soldatenrat”. Das Ziel dieser Gruppe war vorrangig, Angehörige der Wehrmacht aufzufordern, zu desertieren. Hierzu war die Zeitschrift “Der Soldatenrat” gegründet worden. Walter Kämpf beteiligte sich an der Herstellung dieser Druckschriften. Zudem konnte sich die Gruppe auf Kämpfs chemischem Wissen aufbauend, mit der Produktion von sogenannten “Brandplättchen” beschäftigen. Dies sollte zum zum Einsatz für Sabotage- und Brandanschläge dienen.

Die Gruppe “Soldatenrat” wurde von Alfred Rabofsky geleitet. Viele Mitglieder wurden hingerichtet, darunter u.a. Elfriede Hartmann, Anni Gräf, Leopoldine Kovarik und Ernestine Diwisch.

Verrat durch mehrere Spitzel, Kassiber aus dem Gefängnis

Walter Kämpf wurde von Spitzeln verraten, am 27.4.1942 festgenommen und in der Gestapo-Haft gefoltert.

Er schmuggelte eine Nachricht aus dem Gefängnis (Kassiber), hier ein Textauszug:

"Die Spitzel sind 'Herta - Olga - Gretl - Sonja', wohnt im 14. Bez. in der Selzergasse Nr.? bei Glaser oder Gläser. Dieser ist ihr Freund - Spitzel 'Ossi'. Weiters Brüder Kutni [richtig: Koutny], Ziegelofengasse 25, deren Schwester Hermine und 'Kahane' - Hertas Bruder? Diese verrieten unter anderem auch Fredis Bruder. Auch über mich und meine Freunde (auch 9. Bezirk) ist daher auch alles restlos bekannt. [...] Warnt Parteigenossen vor Spitzeln, die ich nannte. Sitzen alle in Parteileitung (Jugend war rein) und lassen jedes neue Z.K. hochgehen, zum Teil alte Funktionäre, die sich von der Gestapo ihr Leben erkaufen. [...] Gestapo bringt jeden mit mittelalterlichen Foltern zum Speiben [= Geständnis]. [...] Regierungsrat Höfler schlug mich viel und ließ mich auf Händen aufhängen. In Fritzl (hat nur eine kranke Niere) ließ er 8 Liter Wasser hineingießen, dann drohte er mit weiteren 5 Litern, führte [ihn] auf die Liesl [= Polizeigefangenenhaus Elisabethpromenade, später Roßauer Lände] und zeigte ihm durchs Guckerl seine Mutter, die erst nach seinem Geständnis freigeht. Da spie er Abziehapparat. [...] und musste wirklich alles speiben bis auf Pospischil, über den außer mir niemand wusste."

Aus seinen Mitteilungen geht hervor, dass er in der Haft nie aufgab. So forderte er etwa seine Eltern auf:

“Helft mir Verfahren verschleppen [...] verlangt psychiatrische Beobachtung. Würde Schizoiden simulieren.“

Walter Kämpf wurde im späteren Urteil tatsächlich als „schizoider Psychopath, jedoch mit guter Verstandesbegabung ausgestattet“ bezeichnet.

Brief von Walter Kämpf an seine Eltern, Todesurteil und Hinrichtung

Walter Kämpf war sich einen Tag vor der Verhandlung bewusst, wie sein Prozess enden würde. Am 16. April 1943 schrieb er seinen Eltern (Auszug):

„Morgen ist also der große Tag; ein bisserl geschwind ist das jetzt gegangen. Liebe Eltern! Es ist jetzt sinnlos, sich noch etwas vorzumachen. Ihr wisst ebenso gut wie ich, wie es steht, ich halte nun jede Hoffnung für fehl am Platz, da doch nur eine Enttäuschung daraus werden kann. Auch mit einer Begnadigung darf ich nicht rechnen. Aber ihr dürft euch nichts daraus machen! Darum bitte ich euch. Mir persönlich macht es nicht aus. Ich habe keine Furcht vor dem Tode. Meine ständige Sorge seid nur ihr, meine Lieben, wie ihr es aufnehmen werdet und wir ihr alles tragt..."

Quelle: Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. Band 2, Seite 776. Wiener Stern Verlag 2016

Das Todesurteil über Walter Kämpf wurde am 17. April 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung, eines Unternehmens des Landesverrats, Feindbegünstigung und Vorbereitung zum erschwerten Hochverrat“ gesprochen.

Walter Kämpf wurde am 2. November 1943 im Landesgericht I in Wien hingerichtet.

Walter Kämpf, "Helfer, Freund und Retter"

Ein Leserbrief der "Arbeiter-Zeitung" vom 6.12.1945 verdeutlicht die große Hilfsbereitschaft, durch die sich Walter Kämpf auch während seiner Haft auszeichnete.

"Am 20. August 1942 wurde ich wegen antifaschistischer Betätigung verhaftet, von der Gestapo in das berüchtigte Hotel Metropol überstellt und den üblichen Misshandlungen ausgesetzt, die zu einem Geständnis führen sollten. Als dies bei mir ohne Erfolg blieb, wurde ich in eine der bekannten Zellen des Tiefparterres geführt. Nach Vorschrift durfte zwar nur ein Häftling in einer Zelle sein, doch wurde ich wegen Platzmangels als zweiter Häftling in die Zelle von Walter Kämpf gebracht. Nach schweren Misshandlungen wurden mir mit einer Kette die Hände auf den Rücken hoch gebunden und ich musste mit dem Gesicht zur Wand zwei Tage und Nächte ohne Nahrung, Trank und Schlaf verbringen. Zweifellos führte so eine Situation zum Zusammenbruch. Dass ich aber trotzdem standhaft blieb und diese grauenhafte Situation aushielt, verdanke ich Walter Kämpf, diesem edlen Genossen. Trotz der ständigen Bewachung fand Kämpf einen Weg, mir seine Essensration zu geben, hungerte selbst und linderte meine Schmerzen dadurch, dass er mir durch Klopfzeichen zur Nachbarzelle, in der ein Genosse saß, schmerzstillende Pulver beschaffen ließ. Das war Walter Kämpf, Helfer, Freund und Retter."

Aus dem Urteil

“Er hat in der Hauptverhandlung erklärt, es für seine Pflicht gehalten zu haben, den Krieg gegen die Sowjetunion sobald als möglich beenden zu helfen. Die Eröffnung der Feindseligkeiten mit der Sowjetunion habe er als “Verzweiflungstat” der deutschen Führung angesehen. Er sei überzeugt gewesen, dass Deutschland den Krieg mit dem Bolschewismus niemals siegreich beenden werde. (…) Der Angeklagte ist ein ungemein gefährlicher Staatsfeind, dessen Ausrottung das Wohl und die Sicherheit von Volk und Staat jetzt und für die Zukunft gebieterisch erfordern.”

Gedenkort - Landesgericht für Strafsachen Wien

Im ehemaligen Hinrichtungsraum des Landesgericht für Strafsachen Wien findet sich sein Name auf einer der Gedenktafeln.

Gedenkort - Gruppe 40, Zentralfriedhof

In der Gruppe 40 wurden die im Wiener Landesgericht Hingerichteten beerdigt. 2013 wurde die Gruppe 40 zur Nationalen Gedenkstätte erklärt.

Quellen und Bildnachweise

  • Willi Weinert, "Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer". 4. Auflage Wiener Stern Verlag, 2017
  • Lisl Rizy, Willi Weinert, „Mein Kopf wird euch auch nicht retten“. Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft. 4 Bände. Wiener Stern Verlag 2016
  • Porträtbild: Willi Weinert oder Wiener Stern Verlag
  • Bild Fallbeil/Guillotine: Leihgeber Kurt Brazda
  • Andere Bildrechte: Angabe bei Anklicken des Bildes (Bildinformation)
  • Andere Bilder: Privatbesitz oder Verein Zur Erinnerung
  • Wikipedia: Walter Kämpf
  • "Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten" - Hinrichtungen in Wien 1938 bis 1945, hg. von - Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner und Kurt Scholz
  • Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes: "Sie gingen den anderen Weg" -Organisierter Widerstand in Österreich
  • klahrgesellschaft.at: Walter Kämpf
  • erinnern.at: Walter Kämpf – Kommunistischer Widerstand

Hauptwerke zur Gruppe 40

Weiterführende Informationen

  • DÖW Katalog zur permanenten Ausstellung. Hg. v. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Wien 2006
  • Wolfgang Neugebauer, Der österreichische Widerstand 1938-1945, Wien 2008
  • Die Geschichte des Grauen Hauses und die österreichische Gerichtsbarkeit, Wien 2012
  • DÖW (Hg.) Widerstand und Verfolgungen in den österreichischen Bundesländern (Wien, Burgenland, Oberösterreich, Tirol, Niederösterreich, Salzburg), Wien 1975-1991
  • Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.) Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung, Wien 2011
  • Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.), „Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“, Wien
  • Herbert Steiner, Gestorben für Österreich. Widerstand gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1995
  • Herber Steiner, Zum Tode verurteilt: Österreicher gegen Hitler. Eine Dokumentation, Wien 1964

Web-Hinweise


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